Schlecht bezahlten Fulltime Job als Arbeitslose abzugeben. Bei Interesse bitte melden!
Da ich demnächst einen Ehreneintrag ins Guinness Buch der Rekorde erhalte, weil ich die allermeisten Bewerbungen die jemals ein Mensch auf Gottes Erden geschrieben hat, ohne den ersehnten Job zu bekommen, erhalte, stelle ich mir nunmehr die berechtigte Frage; was gilt es als nächstes zu tun?
Mal wieder kräftig feiern? Nein ganz sicher nicht. Nur weil ich mich „selbst“ und „ständig“ um Arbeit bemühe, gibt es nichts zu feiern.
Irgendwann dachte ich über Arbeitslose, dass sie den ganzen lieben Tag vor lauter Langeweile, im Jogging Outfit bekleidet und mit einer Popcorn Tüte bewaffnet, vor der Flimmerkiste hängen würden. Hausfrauen TV schauen. Vielleicht noch kurz mit dem Hund Gassi gehen, dann aber schnell wieder rauf auf die Chaiselongue.
So stellte ich vielbeschäftigte Business Frau mir damals das Dasein derer vor, die mir mit ihrem Schicksal so weit entfernt schienen. Heute gehöre ich selbst zu den drei Millionen Menschen in Deutschland, von denen die allermeisten nur einen innigen Wunsch haben.
Endlich wieder arbeiten können!
Zwar sitze ich weder in lockerer Sportbekleidung noch mit oder ohne Popcorn vor dem Fernseher, aber dennoch bin ich im Januar diesen Jahres, ihrem Club, wenn auch unfreiwillig, beigetreten.
Arbeitslosigkeit ist ein Fulltime Job, so viel steht schon einmal fest. Jedenfalls wenn er akribisch und ernsthaft betrieben wird. Es gibt duzende Suchmaschinen im Internet die alle glaubhaft versichern, bei richtiger und genauer Angabe der Suchparameter, alsbald den passgenauen Arbeitgeber finden zu können.
Nun denn, eine Chance ist es immer und wenn man da täglich den Startknopf drücken möchte um im World Wide Web nach geeigneten Offerten zu suchen, dann ist man schon halbtags nur damit beschäftigt. Selbstverständlich gesteht man auch einem Nichterwerbstätigen eine kurze Mittagspause zu, in der Erwartung, dass er dann gut gestärkt beginnt die vom Suchmonster ausgespuckten Stellenangebote zu studieren, um dann im Anschluss die entsprechenden Homepages der ausschreibenden Firmen zu besuchen.
Das alleine sollte nicht unterschätzt werden, denn wer sich hier „bind“ bewirbt ohne die Visionen, Philosophien oder die Wertevorstellungen der jeweiligen Unternehmen, mit den eigenen Erwartungen abzugleichen, tappt automatisch in eine Falle.
Heute haben es Unternehmen sehr leicht. Sie können bei der Vielzahl der möglichen Bewerber aus dem Vollen schöpfen. In meiner Branche der Pharmazie, erhalten Unternehmen bei einer Ausschreibung rund 300 Bewerbungen zugestellt. So eine Flut kann kaum noch eine Personalabteilung bewältigen.
Den ausschreibenden Firmen ist es aber so möglich, nach der so oft zitierten „Eierlegenden Wollmilchsau“ Ausschau zu halten und ich behaupte tollkühn, sie werden sie auch finden.
Als ich vor etwas über zwanzig Jahren die wundersame Welt der Pharmazie betrat, reichte es, entweder ein Studium der Chemie oder Biologie vorzeigen zu können. Vorteile hatten all diejenigen, die mit einem Abschluss als Mediziner glänzten und wenn man dann noch dem Namen die begehrten zwei Buchstaben als Titel hinzufügen konnte, dann wurde man als potentieller Bewerber mit Doktortitel, mit einem eigenen Chauffeur direkt von zu Hause abgeholt und zum Bewerbungsgespräch geleitet.
Heute ist alles anders!
Heute kommt man als „einfacher“ Medizinmann fast gar nicht mehr in die engere Wahl. Es sei denn, sie sprechen außer einem English fluent in written and spoken, noch ein perfektes Spanisch und besitzen zusätzlich mehr als nur Grundkenntnisse in Türkisch und Serbokroatisch.
Natürlich ist hier ausdrücklich zu vermerken, dass der Bewerber bitte nicht älter als 35 Jahre sein sollte. Jedoch ist es wegen der sehr hohen Verantwortung die diese Position mit sich bringt, unerlässlich, dass sie mindestens 25 Jahre Erfahrungen in entsprechender Stellung nachzuweisen im Stande sind.
Wenn wir dann noch kurz über das zu erwartende Gehalt sprechen, dann pendeln wir uns natürlich bei einem Entgelt per anno ein, dass sie sehr wahrscheinlich das letzte Mal in einem Alter von 22 Jahren, auf einem ihrer Kontoauszüge vorgefunden haben.
Tragisch an der Geschichte ist, dass hier ist kein von mir beschriebener schlechter Scherz, sondern blutiger Ernst derer, die sich aus einem übervollen Pool an Bewerbern, ihren Traumkandidaten auswählen können und wie gesagt, sie werden fündig werden.
Hoch lebe die „Eierlegende Wollmilchsau“!
Wer sich jetzt noch blind bewirbt, kassiert mindestens eine Absage oder steigt in ein Unternehmen ein, das der eigenen Wertevorstellungen eventuell nicht entspricht. Deshalb ist die „Suche“ nach einer tatsächlich auf den Bewerber zugeschnittenen Firma, wahre Schwerstarbeit und erfordert viel Kraft und noch mehr Geduld, sowie viele Stunden wertvolle Zeit.
Aber Zeit haben wir im Club der Arbeitslosen ohnehin in ausreichender Form zur Verfügung. Kraft und Geduld, daran mangelt es den meisten und mir geht es da nicht anders. Nach vielen Monaten der Suche und den gefühlten tausend Absagen, nagt es am Selbstbewusstsein.
Mit einem schnellen Klick, der nicht einmal eine Sekunde andauert, ist eine Bewerbung an das begehrte Unternehmen verschickt. Voraus gingen aber mindestens einige Stunden der Vorarbeit und der Mühe, diese passgenau auf die jeweilige job description auszuformulieren.
Mit jedem „Klick“ steigen wieder Hoffnung und Zuversicht auf ein kommendes Gespräch mit der Personalabteilung, ins unermessliche.
Mit jeder Absage stirbt ein Teil des Selbstwertgefühls!
Der Bewerbungsprozess ist wie schon erwähnt, ein wahres Vollzeitgeschäft. Von mir kann ich behaupten, dass ich fast jeden Tag genau so lange mit der Suche nach einem Arbeitgeber beschäftigt bin, als ich damals bereit war an Arbeit in meinen Job zu investieren.
Nur damals hatte ich keine Angst vor der Zukunft!